»Mir fehlen nur noch 31 Kühe, um die größte Kuhfarm von Island zu haben«, erklärt uns ein Farmer, während wir im Süden an der Küste entlang fahren. Es ist schon spät und keine Autos bleiben stehen, so laufen wir drei Kilometer bis zur nächsten Farm und können dort unser Zelt aufschlagen. »Können wir morgen ein Teil unseres Gepäcks hierlassen und in ein paar Tagen wieder abholen?«, fragt Flo den Farmer. »Kein Problem, leg es einfach in das Auto«, antwortet der Farmer und zeigt auf einen eingewachsenen, rostigen Jeep.
Landmannalaugar
Auf dem Weg ins Hochland müssen wir länger als gewöhnlich warten, bis schließlich ein Transporter stehen bleibt. Lukas arbeitet im Highland Hotel und gehört zu den sieben Prozent Polen, welche die gesamte Bevölkerung in Island ausmachen. Ab hier ist es nur noch erlaubt, mit Offroad Autos weiterzufahren. Die letzten 45 Kilometer fahren wir durch karge Landschaft, bis wir schließlich in Landmannalaugar ankommen. Eine Zeltstadt, umringt von bunten Bergen. Hier ist man definitiv nicht alleine, aber etwas abseits vom Camp, sind deutlich weniger Leute unterwegs. Voller Vorfreude auf die bevorstehende Wanderung erkunden wir die Gegend und lassen den Tag im Hot Spring ausklingen. »Frieren werden wir schon noch genug in den nächsten Tagen«, sage ich zu Flo.
Etappe 1
Die bekannte Wanderung, dauert drei bis fünf Tage und ist 52 Kilometer lang. Wir haben uns entschieden, sie auf drei Etappen aufzuteilen.
Überall zischt und dampft es, als wir vorbeilaufen. Beeindruckt vom Farbenspiel der Berge, bleiben wir alle paar Meter stehen, um Fotos zu machen. Immer wieder geht es steil bergauf und bergab. Oberhalb erschweren großflächige Schneefelder den Aufstieg. Dazwischen glänzt der Boden schwarz, hier ist alles voll mit Obsidians. Die Sonne hat sich hinter die Wolken verzogen, der Wind ist eiskalt und die Regentropfen fliegen horizontal. Zwischendurch fängt es sogar an zu schneien. An der Höskuldsskáli Hütte machen wir Mittagspause und trocknen unsere Sachen. Mittlerweile scheint wieder die Sonne und wir beschließen noch einen Abstecher zur eingestürzten Eishöhle zu machen. Flo: »Wenn wir schon mal hier sind, sollten wir die Gelegenheit nutzen. Bei einer so langen Wanderung kommt es auf 4,5 Kilometer mehr auch nicht an.« Man kann sich gut vorstellen, wie beeindruckend der Höhleneingang in der Vergangenheit war. Blau schimmerndes Eis, davor hellgrünes Moos und dampfende Flüsse. Es wird ein langer und anstrengender Tag. Am Abend kriechen wir erledigt in unser Zelt und bewundern den Sonnenuntergang.
Etappe 2
Die Álftavatn Hütte ist schön gelegen, mit Blick auf die Berge und einen ruhigen See. »Auf den nächsten Kilometern wird es lustig«, erkläre ich. Mit hochgezogenen Hosen marschieren wir barfuß durch den eiskalten Fluss. Zum Glück geht er nur bis knapp über die Knie. Flo sagt: »Eisbaden ist dagegen ein Kinderspiel«, und reibt sich die Füße. »Das war nur der Erste«, lache ich spöttisch. Die nächsten Stunden laufen wir über eine schwarze Ebene umringt von grünen, schroffen Bergen, Flüssen und Seen.
Etappe 3
An der Emstur Hütte machen wir einen kurzen Abstecher zu einer nahegelegenen Schlucht. Unsere Füße sind noch nicht müde und wir noch motiviert. Die Landschaft wird hügelig und immer grüner. Zwischendurch treffen wir immer wieder dieselben Wanderer, die sich eine Pause gönnen. »Ich habe auf dem Trail mit viel mehr Menschen gerechnet«, erkläre ich Flo.
Zum Schluss müssen wir noch einen Fluss furten und kommen schließlich am Ende der Tour an. »Wir haben es geschafft«, sagt Flo und klatscht ein.
Þórsmörk
Die Landschaft hier ist spektakulär, doch die Sonne steht schon tief, wir sind erschöpft und möchten heute noch aus dem Tal raus hitchhiken, da für morgen ein Sturm angesagt ist. Die mobilen Brücken stehen leider nur am Ufer und führen nicht über die vielen Flussarme, die zu Fuß undurchdringbar erscheinen. Etwas verloren laufen wir flussabwärts, aber die eingezeichnete Brücke auf unserer Karte scheint schon lange nicht mehr begehbar zu sein. Schließlich treffen wir Wanderer, die uns erklären: »Zwei Kilometer flussaufwärts ist die einzige Brücke, die ans andere Ufer führt.« Ich schnaufe: »Eigentlich dachte ich, wir wären am Ende unserer Wanderung. Meine Füße sind eh schon müde.«
Flussdurchquerung
Bei einer heißen Schokolade sitzen wir in der Küche und können mal wieder unser Glück nicht fassen. »Immer wieder treffen wir so liebe Menschen, die uns helfen«, erklärt Flo während die Waschmaschine unsere Wäsche schleudert. Wir sind frisch geduscht und unsere Akkus und Geräte stecken an der Steckdose und laden munter vor sich hin. Nachdem wir den Fluss endlich überqueren konnten, wurden wir von einem riesigen Geländewagen mitgenommen. Hier sollte kein Anfänger die Flüsse durchfahren. Sie sind recht tief, haben starke Strömung und sind nicht zu unterschätzen.
Abstecher nach Reykjavík
Runar und Ilja haben uns schließlich angeboten, bei ihnen auf der Farm zu zelten. Den ehemaligen Schuppen haben sie für Campinggäste umgebaut und wir können drinnen im Warmen sitzen und Küche und Bad nutzen. Am nächsten Morgen stürmt es und wir tragen das Zelt zum Trocknen in die Garage. Ilja erzählt uns: »Im Sommer sind wir in Island, aber sonst leben wir auf den Philippinen oder sind mit der ganzen Familie und den Nannys am Reisen und machen Homeschooling.«
Mit Runar und Ilja fahren wir nach Reykjavík. »Ihr könntet auch in meinem Büro im Zentrum übernachten«, bietet uns Runar an. Dankend nehmen wir das Angebot an und haben so die Chance ein wenig die Stadt zu erkunden. »Vielleicht kommen wir euch irgendwann auf den Philippinen besuchen, dann haben wir auch mehr Zeit eure Kinder kennenzulernen«, verabschieden wir uns von den beiden und sind immer noch beeindruckt von ihrem Lebensstil.
6 Gedanken zu „Laugavegur Trail #6“
Hallo Jamila und Flo,
mein Gott, ist das eine grandiose Landschaft die Ihr dort erleben könnt !
Herrliche Bilder ! Ganz besonders lieben Dank für das Bild mit den Schafen 🙂 ! Merci
Noch eine gute Zeit ! Liebe Grüße von Andrea
Hehe, wir nehmen gerne weitere Motivwünsche an 😉 Die Landschaft hier ist echt unglaublich und unendlich viel zum Entdecken. Liebe Grüße aus dem Zelt
Schöne Grüße zurück, nehmt ein paar Schafe mit.
Wenn sie sich nur so einfach fangen lassen würden.
Ich schließe mich Andrea an: Sagenhafte Bilder und traumhafte Landschaft!!! Ja und die beiden Schafe sehen sehr freundlich aus :-).
Ich danke euch beiden wie immer, daß ihr uns an euren Reisen teilnehmen laßt. Es ist wunderbar für mich die Menschen kennengelernt zu haben, die uns die Welt mit ihren schöne Seiten zeigt. Danke, danke, danke!
Was wäre Australien ohne euch gewesen?! Danke, dass ihr Teil unserer Reise geworden seid und unsere neuen Abenteuer verfolgt. Ja, die Welt ist schön 🙂