Schlechtwetterfront, aber mit guter Laune unterwegs
Luciano und Giovanna nehmen uns in ihrem Auto mit. Sie fahren deutlich weiter als nötig, nur um uns zu helfen. Während der Fahrt verdunkelt sich der Himmel, Regen und Hagel prasseln auf die Straße. Wir sind dankbar, im Trockenen zu sitzen, während Luciano uns erklärt: »L’Aquila ist die kälteste Stadt Italiens.« Er kennt sich bestens in der Region aus und zeigt uns den besten Weg zu unserem nächsten Etappenziel.
In Antrodoco angekommen, setzen sie uns direkt vor einem Supermarkt ab. Dort können wir endlich unsere Vorräte auffüllen, denn über die Osterfeiertage haben wir alles aufgebraucht.
Als wir den Supermarkt verlassen, regnet es erneut in Strömen. Wir flüchten in eine nahegelegene Pizzeria und verbringen dort den Abend. Als es dunkel wird, gibt es keine Möglichkeit mehr, weiterzureisen. Notgedrungen schlagen wir unser Zelt auf einer abgelegenen Fußgängerbrücke auf. Es ist der beste Platz, den wir finden konnten. Es ist klamm, alles ist nass, und wir schlafen erschöpft ein.






Mit Vollgas durch die 30er-Zone
Am nächsten Tag werden wir von einem älteren Mann mitgenommen. Seine Reaktionen sind langsam, doch das hindert ihn nicht daran, mit 120 durch eine Straße zu rasen, in der eigentlich Tempo 30 gilt. Verkehrsregeln scheinen hier oft eher als grobe Empfehlung verstanden zu werden.
Er spricht ununterbrochen Italienisch mit uns, obwohl wir ihm immer wieder erklären, dass wir kein Italienisch verstehen. Nur mit viel Mühe gelingt es uns, aus seiner Gestik und ein paar vertrauten Wörtern den groben Sinn zu erraten.
Das Wetter zeigt sich launisch: Sonne, heftiger Regen und Donnergrollen wechseln sich ständig ab. Egal, was wir anziehen, es passt nie lange. In Amatrice legen wir schließlich eine Mittagspause ein. Bei italienischer Pasta wärmen wir uns auf und lassen die Eindrücke der Fahrt sacken.
Das kleine Bergdorf im Apennin trägt noch immer die Wunden des schweren Erdbebens von 2016. Viele Häuser sind bis heute Ruinen, die Fassaden abgestützt, der Wiederaufbau mühsam. Nur wenige Gebäude erstrahlen bereits in neuem Glanz, der Kontrast ist spürbar und bewegt uns.





Castelluccio – Linsen, Blumen und Gleitschirmparadies
Kurz darauf halten Luca und Giulia mit ihrem vollgepackten Renault Clio. Obwohl der Wagen bereits ziemlich beladen ist, finden sie noch Platz für uns und unsere großen Rucksäcke. Gemeinsam fahren wir nach Castelluccio, ein weiteres Dorf, das stark vom Erdbeben betroffen ist. In einer provisorischen Container-Bar gönnen wir uns einen Aperol Spritz. »Genau das Richtige bei dem Sauwetter«, sagt Giulia lachend.
Castelluccio ist nicht nur für seine Lage inmitten der Hochebene bekannt, sondern auch zum Gleitschirmfliegen und für seine berühmten Linsen und das spektakuläre Blumenmeer, das im Frühsommer das gesamte Plateau bedeckt. Leider sind wir für dieses Schauspiel etwas zu früh dran und die Natur zeigt sich gerade von ihrer rauen Seite.
Wir schlagen unsere Zelte nebeneinander in der Nähe des Landeplatzes auf und verkriechen uns schon früh darin. Zu ungemütlich ist es, um noch draußen zu sitzen. Luca und Giulia verabschieden sich am nächsten Morgen nach dem Frühstück. Wir bleiben, in der Hoffnung auf besseres Wetter und ein paar Flugtage.








Gleitschirmfliegen in Castelluccio: Das Paradies für Piloten
Castelluccio, eingebettet in sanfte Hügel, bietet Startplätze für jede Windrichtung. Dank seines besonderen Mikroklimas herrschen hier meist stabile Flugbedingungen – ein wahres Paradies für Gleitschirmpiloten bei schönem Wetter. Ein Traum, der in der Luft lebendig wird! Für uns bleibt dieses Erlebnis jedoch unerreichbar, doch wir können uns nur vorstellen, wie spektakulär die Flüge hier im Sommer sein müssen.



Tiefpunkt
In einer Nacht hören wir Pferde nervös wiehern, lange bevor ein heftiges Gewitter über uns hinweg zieht. Tagsüber wechseln sich Gewitter, Hagel und Regen ab, zwischendurch zeigt sich nur kurz die Sonne. In den Nächten sinken die Temperaturen unter fünf Grad.
Zu allem Überfluss erwischt mich eine starke Erkältung. Fieber und Gliederschmerzen bringen mich an meine Grenze. Das Wetter bietet kaum Flugfenster, nur ein paar kurze Abgleiter sind für Flo möglich. Es ist der Tiefpunkt unserer Reise, körperlich und mental. Wir sind kurz davor, die Reise abzubrechen. Die Motivation liegt am Boden und obwohl wir gerne weiterreisen würden, fehlt mir die Kraft dazu. Nach vier, gefühlt endlosen Tagen geht es mir besser und wir reisen endlich weiter.






