Gleitschirm Community in Poggio Bustone #5

Neue Energie auftanken – Ruhe und Erholung

Der Campingplatz liegt ruhig am See, umgeben von grünen Bäumen. Das nahegelegene Dorf Piediluco ist ein beliebter Zwischenstopp für viele Pilger, die hier vorbeiziehen. Kaum angekommen, werden wir von unserem Nachbarn mit einem kleinen Becher starken Espressos empfangen, natürlich mit einem kräftigen Schuss. »Ihr könnt gerne unsere Stühle nutzen, stellt sie einfach wieder zurück, bevor ihr geht«, sagt er mit einem freundlichen Lächeln.

Ein Mitarbeiter des Campingplatzes bringt uns ein Verlängerungskabel, sodass wir im Zelt Strom haben. Wir laden unsere Elektrogeräte auf, trocknen unsere Kleidung und genießen die warme Dusche. Nach den letzten kalten, regnerischen Tagen fühlt sich das wie ein Geschenk an. Da es keine Waschmaschine gibt, leihen wir uns an der Rezeption einen Eimer und waschen alles per Hand. Zum ersten Mal seit Tagen fühlen wir uns wieder halbwegs menschlich. In der Sonne trocknet alles schnell und wir schöpfen neue Energie. Das Wetter bessert sich, die Sonne zeigt sich wieder und mit ihr steigt auch unsere Stimmung.

Waschtag am Campingplatz
Auszeit = Eiszeit

Perfektes Flugwetter in Poggio Bustone

Bei schönstem Vogelgezwitscher wachen wir auf. Heute ist Flugwetter angesagt. Nach einem typischen italienischen Frühstück,einem gefüllten Croissant und einem cremigen Cappuccino, machen wir uns auf den Weg ins 20 Kilometer entfernte Fluggebiet. Leider müssen wir hier zum ersten Mal über eine Stunde warten, bis wir mitgenommen werden, und verpassen so den Shuttlebus, der die anderen Piloten bereits zum Startplatz gebracht hat. 

Claudio, der Besitzer der Flugschule, empfängt uns herzlich und bietet an, unser Zelt über Nacht direkt neben der Flugschule aufzuschlagen. »Hi, how was the flight?«, fragen wir den ersten Piloten nach seiner Landung. Gianmaria begrüßt uns mit einem festen Handschlag und bietet an: »Wenn ihr wollt, kann ich euch hochfahren, sobald ich zusammengepackt habe.« Wir können unser Glück kaum fassen. Die Sonne steht hoch am Himmel und brennt auf der Haut. Zu Fuß den Weg hinauf zu laufen, wäre bei der Hitze kein Vergnügen gewesen.

Mit seinem Fiat Punto rast Gianmaria über die Schlaglöcher der Serpentinenstraße. Stück für Stück poltern wir nach oben. Wie viele Bergdörfer Italiens zieht sich auch Poggio Bustone den Hang hinauf. Die Häuser stehen dicht beieinander, als suchten sie Schutz und Halt, fast wie ein kunstvolles Puzzle, verbunden durch schmale Gassen.

Vom Startplatz oberhalb von Poggio Bustone eröffnet sich ein beeindruckendes Panorama: Sanfte Hügelketten ziehen sich am Horizont entlang, davor liegen kleine Felder, durchzogen von schmalen Straßen und Olivenhainen. Der türkisfarbene Canale di Santa Susanna schlängelt sich ruhig durch die Landschaft und leuchtet in der Sonne. Als wir über dem Startplatz aufdrehen, eröffnet sich uns ein atemberaubender Blick bis zu den schneebedeckten Gipfeln der Abruzzen. Die Thermik hier kann zeitweise sehr stark sein.

Links oben sieht man den Startplatz
Gianmaria fährt uns hoch
Vorfreude ist die schönste Freude

Treffpunkt für Gleitschirmpiloten

Wir genießen das schöne Wetter in vollen Zügen und erkunden abends die Umgebung zu Fuß. Poggio liegt im Herzen eines malerischen Naturparks, und so spazieren wir bei Sonnenuntergang am Seeufer entlang und bestaunen die unberührte Natur. Am nächsten Morgen, dem Tag der Arbeit, herrscht reges Treiben am Landeplatz. Flugschüler, Streckenflieger und Familien kommen zusammen. Es wird gegrillt, gepicknickt und viel gelacht. Kinder spielen fröhlich zwischen den Gleitschirmen. Wir werden herzlich aufgenommen, kommen mit den Piloten ins Gespräch und fühlen uns als Teil dieser lebendigen Gemeinschaft.

Letzter Flugtag und Abschied

Am dritten Tage ist perfektes Wetter zum Streckenfliegen angesagt und es hat sich eine Gruppe von ausgezeichneten Piloten versammelt, unter anderem Stefano Gigli und Daniele Scarcella. Gemeinsam warten wir am Startplatz bis endlich die Thermik einsetzt. Es ist ein wunderschöner letzter Flugtag und wir sind stundenlang in der Luft, ein perfekter Abschluss dieser Reise. Nachdem ich krank war und wir kurz davor standen abzubrechen, bin ich unglaublich dankbar, dass wir uns dagegen entschieden haben und nun mit einem guten Gefühl nach Hause fahren können.

Von Poggio machen wir uns auf den Rückweg. Per Anhalter fahren wir zurück nach Piediluco. Von dort geht es mit dem Bus weiter nach Terni, dann mit dem Zug nach Rom und schließlich 13 Stunden mit dem Fernbus zurück nach München. Leider wird uns auf der Rückfahrt eine Tasche mit Outdoorbekleidung gestohlen. Es ist das erste Mal, dass uns auf all unseren Reisen etwas geklaut wurde. Eine unschöne Erfahrung.

Großer Landeplatz neben der Flugschule

Fazit

Unsere vorherige Sorge, stundenlang an der Straße warten zu müssen, stellte sich als unbegründet heraus. Auf dieser Reise haben wir wieder einmal unglaublich hilfsbereite und freundliche Menschen getroffen. Es zahlt sich aus, dem Weg zu vertrauen, auch wenn er manchmal Umwege nimmt. Ohne lange Strecken zurücklegen zu müssen, konnten wir vier Fluggebiete erkunden. Das italienische Essen haben wir in vollen Zügen genossen, genauso wie die entspannte Atmosphäre. Gerade zu dieser Jahreszeit und generell in der Region ist es noch angenehm ruhig und nicht überlaufen.

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